Dienstag, 15. November 2011

Tena: Drei Tage Dschungel


Ich hab es überlebt und bin sogar fast noch ganz heile - bis auf zahlreiche Mückenstiche und einem ordentlichen Sonnenbrand auf den Knien.
Am Freitagabend ging es mit dem Bus auf nach Tena - 5 Stunden - dank Reisetabletten kein Problem. Unterwegs war ich erneut mit Katha aus dem Hostel. Um ca. 23Uhr kamen wir in Tena an und ließen uns von einem Taxi zu dem auserwählten Hostel bringen: Es wurde in unserem Reiseführer sehr empfohlen und außerdem von einem Deutschen geleitet. Der erste Schock, als am Gatter ein Zettel hing, dass es keine Zimmer gebe, war schnell vorüber, als uns dann doch jemand die Pforte öffnete und wir unser Zimmer beziehen konnten.
Am nächsten Morgen standen wir zeitig auf und erkundigten uns an der Rezeption beim deutschen Michael Welschinger des Hostels Limoncocha wann wir denn in den Dschungel zu unserer Tour aufbrechen könnten. Das gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht, da für die Tour zuerst Lebensmittel eingekauft werden müssten, wofür es eigentlich schon zu spät war. Irgendwie schaffte Michael es aber noch, uns zusammen mit dem Franzosen Sebastián in der Tour von Guide Fausto unterzubringen. Es konnte also losgehen!
Zuerst fuhren wir mit dem Bus eine Stunde von Tena aus zum Rio Napo. Von dort aus ging es dann weiter auf einem motorisierten Kanu zum Museum der Kichwa (Quechua) Indianer, die auch heute noch im Amazonasgebiet und am Rio Napo leben. Uns wurde eindrucksvoll gezeigt, mit welchen Fallen die Indianer früher und auch heute noch Tiere fangen, die sie zum Verzehr benötigen.
Danach ging es weiter zum Amazoonico, einem Reservat für Tiere - hierzu mehr im nächsten Post.
Am späten Nachmittag machten wir uns endlich auf in unsere "Cabanas" - unsere Behausung im Dschungel. Während der Guide ein Abendessen für uns vorbereitete konnten wir noch einmal durchatmen, bevor es zu Nachtwanderung in den Dschungel losgehen sollte.
Nach Reis und Hühnchen machten wir uns also auf: Im Dschungel konnten wir dank Taschenlampen anderthalb Stunden lang verschiedenste große Insekten begutachten, von Spinnen über Grillen zu Nachtschmetterlingen. Schlagen haben wir leider keine gesehen, aber es war auch so irre spannend durch das Dickicht zu schleichen, immer auf der Suche nach neuen faszinierenden Tieren.
An Tag 2 ging es nach einem herrlichen Frühstück erneut in den Dschungel. es war um einiges heißer als am Vortag und die Sonne zauberte zwar ein wundervolles Panorama, erschwerte unsere Wanderung aber auch enorm. Einmal im Primärurwald angekommen drückte das feuchte Klima auf die Lunge und alles fühlte sich klamm an. Um uns herum war das schönste Grün zu bewundern, während uns Fausto die verschiedenen Nutzmöglichkeiten der Pflanzen erklärte. Wir lernten den Telefonzellenbaum kennen, mit wessen Hilfe sich zwei Arbeiter im Dschungel auch an unterschiedlichen Plätzen verständigen könnnen: Zweimal mit Holz gegen die hohl klingenden Wände des Stammes klopfen heißt dann zum Beispiel: "Auf gehts, heim, 's ist Brotzeit!" - oder so ähnlich.
Um noch einen weiteren Programmpunkt an diesem Tag zu schaffen, mussten wir uns sputen, da Katha den Bus um 17Uhr nach Quito nicht verpassen wollte. Der Rückweg aus dem Dschungel wurde also eher sprintend als gemütlich angetreten. Das schnelle Tempo immer bergauf und bergab, der Kampf gegen die Lianen und das Klima waren wohl etwas zu viel und so plagte mich an den Cabanas angekommen ein heftiger Kopfschmerz und ein flaues Gefühl im Magen. Dies besserte sich leider auch nicht im Kanu (Boote waren eh noch nie so mein Ding!) auf dem Weg zur Kichwa Familie.
Gott sei Dank wurde ich quasi schon mit einem Schälchen Zucker begrüßt, was mich wieder ein wenig auf Touren bringen sollte. Außerdem waren die Kinder des Stammesvaters so entzückend und posierten fast schon für unsere Bilder. Nach einer kurzen Erklärung zu den Bräuchen und Methoden der Kichiwa Indianer durch den Stammesvater wurde uns dann eine musikalische Darbietung geboten: Drei Kichiwa Indianer bespielten traditionelle und nicht tradiotionelle Instrumente wie Geige und Gitarre und die Kinder führten uns dazu einen Tanz auf. Nach kurzer Zeit forderten sie auch uns zum Tanz auf - absolut herzerweichend! Hand in Hand mit den kleinen, knopfäugigen Mädchen und Jungen wurde kein Gedanke mehr an Unterschiede verschwendet - man genießt einfach.
Trotz dieser wundervollen Erfahrung ging es mir leider noch nicht sehr viel besser, sodass ich das einheimische Essen, dass uns in Buffetform dargeboten wurde leider nicht probieren konnte. Ein paar Spaghetti später brachten mich jedoch wieder einigermaßen hoch, sodass ich die Rückfahrt im Kanu und im Auto nach Tena gut überstand.
Katha machte sich auf den Rückweg nach Quito, während ich entschied noch einen weiteren Tag zu bleiben um am Rafting auf dem Rio Napo teilzunehmen. Abends holte mich unser Guide Fausto ab um mir auch Tena bei Nacht zu zeigen - wirklich sehr nett von ihm. Er wollte mir unbedingt noch eine traditionelle Speise zeigen, da ich das Mittagsbuffet leider verpasst hatte und so machten wir uns zusammen mit einem Freund von ihm auf zur Kirmes: In Tena war nämlich gerade Stadtfest.
Auf der Livebühne spielten vor Riesenrädern und anderen Karussels, buntem Treiben von Einwohner und Angereisten und vielen, vielen Ständen mit Kuriositäten, Essen und Schmuck verschiedenste Bands aus Ecuador. Ich bekam einen guten Eindruck in die vielen Unterhaltungsmöglichkeiten in Tena: Von gewöhnlichen Rockbands, über tanzende Salsabands zu Comedians, die sich einen Spaß daraus machten Mädels aus dem Publikum Blödsinn auf der Bühne machen zu lassen, war alles dabei.
Gleichzeitig genoss ich einen Fisch, der zuvor in Palmenblättern geräuchert wurde - grandios! Die Köchin musste mir zwar zuerst den Kopf abschlagen, da ich es nicht ertrage etwas zu essen, dass mir gleichzeitig in die Augen schaut, aber ansonsten war dies wohl der beste Fisch meines Lebens. Dazu gab es gekochte Yuca und ein Getränkt, dass wir mir versichert wurde, total natürlich ist - wobei ich trotzdem keine Ahnung habe, was es überhaupt war. Naja, hauptsache natürlich, ne?
Nach ein paar Bierchen und ein bisschen Salsa brachte mich Fausto dann netterweise zurück ins Hostel wo ich todmüde einschlief.
Der nächste Morgen begann früh - um 6Uhr- da mich immernoch Kopfschmerzen plagten konnte ich nicht länger schlafen, außerdem machten mich so langsam sowohl Hitze als auch Ventilator ein wenig wahnsinnig - da fällt es schwer sich zu entscheiden: Schwitzen oder Brummen?
Um 9 Uhr sollte es losgehen zum Rafting - blieb also mehr als genug Zeit übrig für ein ausgiebiges Frühstück und eine (kalte) Dusche. Beim Essen lernte ich auch direkt meine Raftingkameraden kennen: Ein holländisch-peruanisches Pärchen, dessen männlicher Part erst vor 3 Monaten nach Ecuador ausgewandert war um von jetzt an mit seiner Freundin hier zu leben, ein britisches Pärchen, dessen weiblicher Part sich als größte Mückenhasserin des Tages herausstellen sollte und eine deutsche Familie, Papa mit zwei Söhnen ungefähr in meinem Alter, mit denen ich später ein Boot teilen sollte.
Mit zwei Trucks ging es zum Fluss, nachdem Schwimmwesten und Helme verteilt wurden. Am Rio angekommen mussten wir zuerst nach unten kraxeln, während unsere Guides die Boote runter beförderten. Dort angekommen bekamen wir eine Einweisung darin, wie wir uns verhalten sollten, wenn jemand bei einer heftigen Stromschnelle ins Wasser fliegt oder sogar das ganze Boot einen Überschlag macht. Bei diesen Erläuterungen wurde mir schon ziemlich mulmig, vor allem als der Guide meinte ein Überschlag würde ja nur einmal in hundert Malen passieren - und heute wäre das 100. Mal. Wie witzig.
Während wir anfangs noch leichte Stromschnellen passierten wurde es schon bald heftiger und wir ordentlich durchgeschüttelt. Als wir gerade gefragt hatten, wie lange wir noch unterwegs wären und uns eröffnet wurde in 20 Minuten hätten wir die Hälfte geschafft, ging es richtig los. Eine riesige Welle rollte uns entgegen und mit einer Menge paddeln, schafften wir es irgendwie sie zu bewältigen. Die Erleichterung stieg gerade in mir hoch als uns eine zweite mit einer solchen Wucht erfasste, dass wir alle in hohem Bogen vom Boot flogen. Im nächsten Moment war ich unter Wasser gedrückt und dachte nur: Bitte, bitte, lass mich schnell wieder aufsteigen, bevor mir die Luft ausgeht oder mich ein Stein erschlägt! Im nächsten Moment fühlte ich, wie sich mein Kopf durch die Wasseroberfläche drückte und ich konnte wieder atmen. Sofort wurde ich von Angst erfasst, da ich immernoch mitten in der Stromschnelle war und uns vorher genau erläutert wurde, dass wir auf keinen Fall schwimmen sollten, wenn wir uns in den Wellen befinden, da wir sonst mit dem Kopf gegen Steine schlagen könnten. Ich machte mich also steif in Rückenlage, nachdem ich mir mein Paddel geschnappt hatte und ließ mich treiben. Als ich mich umdrehte, entdeckte ich einen der Jungs der mich fragte, ob ich okay wäre. Nun ja, nicht wirklich, ich rang immernoch um Luft und probierte die Panik beiseite zu schieben. Vor meinen Augen sah ich ein etwas ruhigeres Stück, doch direkt dahinter eine weitere Stromschnelle. Warum rettete mich niemand, wie wir es zuvor gelernt hatten? Um mich herum sah ich plötzlich niemanden mehr, nur das zweite Boot ein Stück weit entfernt. Fausto gab mir von dort aus Zeichen ich solle an den Rand schwimmen. Aber in den Stromschnellen? Gegen den Fluss? Ich drehte meinen Kopf erneut und erneut wies er mit dem Arm zum sicheren Ufer. Okay, er muss es wissen. Und so schwomm ich so kräftig ich konnte Richtung Ufer. Der Fluss zerrte mich weiter abwärts und ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe, aber endlich spürte ich Grund unter den Füßen, zog mich auf einen Stein und atmete tief durch. Kurz darauf kam das zweite Boot an dieselbe Stelle und legte an. Die anderen hatten alles ganz genau beobachten können und waren sichtlich geschockt. Unser Boot wirbelte immernoch im Strudel an der Stelle im Wasser, an der wir rausgeschleudert wurden - es konnte nur mit Hilfe des anderen Bootes geradezu rausgeschubst werden. Viel Zeit zum Verschnaufen blieb mir nicht, denn es ging weiter flussabwärts zu unserem Pausenplatz. Nach ein paar Wraps, Nachos, Ananas und Keksen fühlte ich mich schon besser - was auch gut war, denn die Fahrt sollte noch anderthalb Stunden weitergehen. Irgendwie hab ich die zeit im Boot noch überstanden, aber Rafting ist für mich erstmal gestorben - so viel Angst um mein Leben hatte ich noch nie. Wahnsinn!
Ich bin dann nach einem leckeren Bier am Raftingende mit den anderen noch Richtung Hostel, hab fix geduscht, mir meine Tasche geschnappt und mich von Fausto zum Bus bringen lassen. Ab nach Quito. Endlich wieder kühle, frische Luft und eine Luftfeuchtigkeit von weniger als 98%.
Hier noch mein Trip in Bildern:

Tag 1.
traumhafte Sicht von der Hostelterasse
mit dem motorisierten Kanu über den Rio Napo


an unserer Unterkunft im Dschungel: Das größte Spinnennetz, das ich je sah - gemacht von hunderten winzigen Spinnen
Riesenspinne an den Cabanas
Die Dschungellounge
 Tag 2.
sonniger Morgen

im Dschungel
Fausto erklärt uns den Nutzen der einzelnen Pflanzen

Hilfreich für den Anfang: Ein Verband aus Moos, Blättern und Lianen

der Blick nach oben

Kleines Video, in dem Fausto uns einige Fakten über den Dschungel verrät.

Schlag gegen den Telefonzellenbaum
die Fasern dieser Pflanze verwenden die Kichwa Indianer tatsächlich um sie zu verkleiden
ab und zu ein Fleckchen Rot im Grünen
ein Flüsschen schlängelt sich durchs Dickicht
Gummistiefel sind toll
eine Familie bei der Goldwäsche
traumhafte Badestelle
leicht blass um die Nase: ich kurz vorm Besuch der Kichwa Familie
alles zur Herstellung eines Getränkes aus Yuca - heute wird gestanzt, früher haben die Frauen einfach gekaut und ausgespuckt
Die Kinder des "Häutlings"


Das Familienoberhaupt
wie ein Äffchen klettert der Kleine in den Bäumen herum
die ganze Familie :)
weiter gehts auf dem Rio Napo - doppelt so schön bei Sonnenschein


Tag 3.
ein Moment Ruhe zwischen den Wellen: kleine Badepause während des Raftings
unsere Boote samt Helmen und Rettungswesten
glasklares Wasser
die drei Deutschen genießen das kühle Nass und die Aussicht


8 Tage noch - dann geht mein Flug zurück...
Liefs, Isabel

2 Kommentare:

  1. Oh was ein langer Text :D
    Aber hört sich alles sehr spannend an, aber wie hat deine Kamera den Flug ins Wasser überlebt?

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  2. @Natalie: Ja in der Tat - es gab eine Menge zu berichten :) Für die Kameras hatten wir Gott sei Dank eine sogenannte "Wetbag" - ein Sack, den man perfekt wasserdicht verschließen kann :)

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